Demenz Support Stuttgart
Peter Wißmann
Geschäftsführer der Demenz Support Stuttgart
Als vor wenigen Jahren die Presse gebeten wurde, über eine Ausstellung mit Kunst von Menschen mit Demenz zu berichten, hieß es seitens aller Angesprochenen unisono: „Kunst? Ausdruck durch Kunst? Bei ‚Demenzkranken’?“ Das schien unvorstellbar.
Ähnliches gilt für die Wissenschaft. Kaum ein Forscher kam (und kommt bis heute) je einmal auf die Idee, Menschen mit Demenz direkt nach ihrem Erleben und ihrer Meinung zu fragen. Und wenn doch, eröffnete dies unvermeidlich eine Debatte um den Status der Antworten. Wie sollen denn Menschen mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten ‚richtig’ antworten können?
Die Anfrage an Profis aus dem Arbeitsfeld Demenzberatung ob Ihres Interesses, den Aufbau von Selbsthilfegruppen für Menschen mit Demenz zu unterstützen, stieß auf Ablehnung: Die Betroffenen hätten doch keine Krankheitseinsicht, wie solle denn da Selbsthilfe funktionieren?
Menschen, die mit einer Demenz leben, scheinen nicht sehr ernst genommen zu werden. Unsere Gesellschaft traut ihnen nicht viel zu. Darum wird auch fast immer für sie gehandelt und über sie gesprochen und bestimmt.
Wir meinen: Damit muss endlich Schluss gemacht werden! Und als Demenz Support Stuttgart wollen wir dazu einen aktiven Beitrag leisten.
Wenn am 28. und 29. Januar diesen Jahres Menschen aus ganz Deutschland und aus anderen Ländern zur Veranstaltung „Stimmig“ in Stuttgart zusammenkommen, wird dies hoffentlich – oder sollte ich sagen: sicherlich? – einen großen Schritt nach vorne für das Bestreben bedeuten, der Stimme von Menschen mit Demenz in unserer Gesellschaft Gehör zu verschaffen.
Im Vorfeld dieser Veranstaltung haben wir mit vielen so genannten Betroffenen sprechen können, die alle mit einer Demenz leben, sich deshalb aber noch lange nicht als unmündige Personen behandeln lassen wollen. In dem von Demenz Support Stuttgart herausgegebenen Buch „Ich spreche für mich selbst“, das zeitgleich zur Veranstaltung „Stimmig“ erscheinen wird, ergreifen sie das Wort, schildern ihr Erleben und formulieren ihre Wünsche und Forderungen an das soziale Umfeld, die Profis und die Gesellschaft.
Was dort, wie auch andernorts, zur Sprache kommt, wird nicht spurlos an den so genannten Gesunden und „Fitten“, Angehörigen, professionellen Helfern und auch den politisch Verantwortlichen vorbeigehen (können).
Es zwingt uns alle dazu, hinzuhören, uns von scheinbaren Gewissheiten zu verabschieden und Bilder zu korrigieren. Es fordert uns dazu auf, unser Handeln zu überdenken und die Fragen der sozialen und kulturellen Teilhabe von Menschen mit Demenz - Bürgerinnen und Bürgern unseres Gemeinwesens – mit Nachdruck auf die Agenda der gesellschaftlichen Auseinandersetzung wie auch des konkreten Handelns zu setzen.
Demenz Support Stuttgart wird diesen Prozess weiterhin aktiv mitgestalten und fördern. Dabei werden wir diejenigen unter den demenziell veränderten Menschen gewiss nicht aus den Augen verlieren, denen der Rückgriff auf das Wort und die Schrift als Ausdrucksmittel versperrt ist.
„Wir sind gekommen, um zu bleiben“, heißt es in einem Song der Musikgruppe „Wir sind Helden“. Es wird zunehmend mehr Menschen mit Gehirnalterungs- und demenziellen Prozessen unter uns geben. Und sie werden bleiben und unserer Gesellschaft die Frage nach dem Umgang mit Anderssein und gesellschaftlicher Teilhabe nicht ersparen. Und das ist gut so!
Mit freundlichen Grüßen
Alzheimer Gesellschaft BW
Sylvia Kern
Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V.
Vom bemitleideten oder belächelten Einzelfall zum medienbeherrschenden Thema - Menschen mit Demenz rücken immer mehr in den Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung. Viele verschiedene Bilder werden dabei transportiert. Sie reichen vom völlig verwirrten Heimbewohner bis zum künstlerisch aktiven Betroffenen, die Bandbreite ist riesengroß.
Gibt es denn ein allgemeines, "stimmiges" Bild von dementen Menschen? Wohl kaum. Aber es ist enorm wichtig, hier genau hinzuschauen und zu differenzieren - schließlich wird die Anzahl der Betroffenen und damit auch das Gewicht in der Öffentlichkeit (und hoffentlich auch in der Politik!) stetig zunehmen.
Zu lange haben wir den Fokus auf den fortgeschritten dementen Menschen gerichtet, der ja schließlich auch die größten Auffälligkeiten zeigt. Vernachlässigt wurde dagegen die große Anzahl von Menschen mit Demenz in der Frühphase, die sehr wohl noch fähig und willens sind, ihre eigenen Ansprüche und Bedürfnisse zu formulieren. Ebenso stehen in der bisherigen öffentlichen Wahrnehmung die Defizite der Betroffenen im Vordergrund. Erhaltene Ressourcen und auch neu entfaltete oder entdeckte Fähigkeiten, zum Beispiel im künstlerischen Bereich, sind in der allgemeinen Wahrnehmung noch viel zu wenig angekommen.
Die Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.V. versteht sich seit ihrer Gründung 1994 als Sprachrohr für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Beide Zielgruppen brauchen eine starke Lobby und sehr viel Unterstützung. Aber auch wir weiten gern und bewusst unseren Horizont, indem wir die Stimme von Menschen mit Demenz verstärkt hören und respektieren möchten. Hier ist eine neue Kultur des gegenseitigen Verstehens, Sich-Wahrnehmens und -Vermittelns gefragt, die einen möglichst langen Erhalt von Autonomie und Lebensqualität für Menschen mit Demenz zum Ziel hat.
Vor diesem Hintergrund freuen wir uns sehr, aktiv als Kooperationspartner bei "Stimmig" beteiligt zu sein! Wir wünschen uns für uns und alle anderen Teilnehmenden gute Begegnungen und einen lebendigen Austausch, nicht zuletzt hoffen wir auch auf eine nachhaltige Außenwirkung der Veranstaltung!
Mit "stimmigem" Gruß
Aktion Demenz
Prof. Dr. Dr. Reimer Gronemeyer
Vorsitzender der Aktion Demenz e.V.
Von Menschen mit Demenz können wir Wichtiges lernen: So machen Sie uns zum Beispiel die Schwächen unserer Gesellschaft deutlich. Die Betroffenen und ihre Angehörigen erfahren oft, dass sie alleingelassen sind, dass es keine wärmenden Milieus gibt, in denen sie „Zuflucht“ finden. Wer mit einer Demenz zurechtkommen muss, wird nicht selten früher als notwendig auf professionelle Hilfe angewiesen sein, da kommunale, nachbarschaftliche oder familiale Auffangnetze fehlen. Frau N. zum Beispiel hat sich so um ihren an Demenz leidenden Ehemann gekümmert, dass der Tochter erst etwas auffällt, als die Mutter plötzlich stirbt. Da erst wird die Lage dramatisch, weil Herr N. nun allein ist.
Die Stimme der Menschen mit Demenz ist keineswegs nur ein Hilferuf: Wer hören will, kann vernehmen, dass die Stimme der Menschen mit Demenz uns dazu auffordert, unseren Alltag neu zu erfinden – gemeinsam mit den Betroffenen. Die „Aktion Demenz e.V. – gemeinsam für ein besseres Leben mit Demenz“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kommunen darin zu unterstützen, bzw. anzuregen, neue Wege im Umgang mit der Demenz zu gehen. Wie kann der kommunale und nachbarschaftliche Alltag so neu gestaltet werden, dass Menschen mit Demenz sich aufgehoben und umsorgt fühlen können, dass betroffene Familien unterstützt werden und die drohende Vereinsamung vermieden wird?
In diesem Sinne ist die Veranstaltung „Stimmig“ hoffentlich ein Durchbruch, der ein neues Verhältnis zu den Menschen mit Demenz gründet – und spätestens dann wird deutlich werden, dass die Menschen mit Demenz nicht zuerst eine Last sind, sondern dass sie uns die Weichenstellung in eine menschenfreundlichere Welt zeigen können.
Mit freundlichen Grüßen
BMFSFJ
Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
„Nichts über uns ohne uns“ – schon seit geraumer Zeit drückt der selbstbewusste Wahlspruch von Menschen mit Behinderung den Anspruch auf Selbstbestimmung und aktive Teilhabe aus. Fürsorge, so mahnt er, gilt es zu ergänzen durch Autonomie, um hilfebedürftigen Menschen den Schritt aus einer Objekt- in eine Subjektrolle nicht zu blockieren.
Menschen, die an Demenz erkranken, müssen im Laufe der Erkrankung mit Einschränkungen und Defiziten leben lernen. Sie sind Menschen mit Behinderung. Sie brauchen zweifellos unsere Hilfe.
Wie aber sollte diese Hilfe beschaffen sein?
Da liegt es doch nahe, Betroffene selbst zu hören. Medizinischer Fortschritt, Information und Interesse in der Bevölkerung tragen dazu bei, dass die Diagnose Demenz immer häufiger und immer früher im Verlauf und im Lebenslauf gestellt wird. Demenzkrank sein kann dann Vergesslichkeit bedeuten, Unsicherheit in komplexen und neuen Situationen oder den gefühlten Leistungsknick – aber ebenso Kompensation der Ausfälle, verstärktes Engagement in sozialen Kontakten, kulturelles Interesse, sportliche Aktivität.
„Ich bin zwar vergesslich, aber nicht blöd“, sagte eine demenzkranke junge Frau auf dem Internationalen Alzheimer Kongress in Berlin 2006.
Auch ein an Demenz erkrankter Mensch ist ein ganz normaler Mensch.
Zu häufig dominiert das Bild Betroffener in Endstadien der Erkrankung die Vorstellung vieler Menschen. Ein fremdes, ein Zerrbild, das uns den Weg zu Betroffenen, ihrem Erleben und ihren Ressourcen versperrt. Deshalb ist es so wichtig, sie selbst zu Wort kommen zu lassen. Aber auch das will gelernt sein: so lange das Gefühl vorherrscht, die Diagnose Demenz sei etwas, wofür man sich schämen müsste, wird sich niemand ohne weiteres outen.
Wir alle befinden uns in einem Lernprozess, was unser Verhältnis und unser Verhalten gegenüber Demenzerkrankten betrifft. Wenn wir mit Ihnen einen offenen und ehrlichen Dialog pflegen, ist Ihnen und uns schon viel geholfen. Damit stützen wir das Personsein demenz-erkrankter Menschen und machen unsere Wertschätzung sichtbar.
Demenz kann so zum Wegbereiter für den zukünftigen Umgang unserer Gesellschaft mit Krankheit und Behinderung werden.
Um diese Entwicklung hierzulande gezielt zu unterstützen, fördert mein Haus den Aufbau eines Wissens- und Hilfenetzwerks, das im unmittelbaren Lebensumfeld Betroffener greift, sie selbst aktiv einbindet und das gesellschaftliche Miteinander nachhaltig unterstützt. Die vielfältigen Kontakte und Möglichkeiten der Mehrgenerationenhäuser sollen in Kooperation mit regionalen Alzheimergesellschaften systematisch genutzt werden, um Verständnis und neue Hilfemöglichkeiten für Demenzkranke zu schaffen. In einer Allianz für Demenz übernehmen kompetente Partner in zentralen gesellschaftlichen Bereichen Verantwortung, um Betroffene frühzeitig auffangen und begleiten zu können. Mit dem Wegweiser Demenz wird zudem ein virtuelles Informations- und Vernetzungssystem geschaffen, das nicht nur Wissen und gute Beispiele transparent und leicht nutzbar zur Verfügung stellt. In verschiedenen Nutzerforen können dann u.a. auch Menschen mit Demenz ihre Erfahrungen austauschen. Der Wegweiser wird zum Welt Alzheimer Tag 2010 frei geschaltet. Ich freue mich auf Ihre Beiträge!
Mit freundlichen Grüßen
Sozialministerium BW
Dr. Monika Stolz, MdL
Ministerin für Arbeit und Soziales, Baden-Württemberg
Demenzielle Erkrankungen sind heute die Ursache für die folgenschwersten Beeinträchtigungen im Alter. Die Zahl der Betroffenen ist mit dem demografischen Wandel in den vergangenen Jahren stark gestiegen. In den kommenden Jahren wird sich dieser Trend verstärkt fortsetzen. Diese Entwicklung ist eine der größten Herausforderungen für die Familien, das Gemeinwesen und die Sozialpolitik.
Diese Herausforderung kann nur als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe bewältigt werden. Im Rahmen vielfältiger lokaler und landesweiter Initiativen wurden hierbei in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte erreicht. Bei der Pflegeheimförderung des Landes bildete die Umsetzung demenzspezifischer Konzepte einen wichtigen Förderschwerpunkt. Im ambulanten Bereich hat sich die Zahl der geförderten niederschwelligen Betreuungsangebote für Demenzkranke in den zurückliegenden Jahren vervielfacht. Darüber hinaus wurden demenzspezifische Themen im Rahmen von Forschungsprojekten und Fachveranstaltungen gefördert. Das Landesheimrecht wurde konsequent im Sinne des Verbraucherschutzes weiterentwickelt, was gerade auch für demenziell erkrankte Heimbewohner wichtig ist. In den nächsten Jahren wird es darauf ankommen, dass wir den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen. Dies bedeutet insbesondere auch, dass
- die Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit und Beratung ausgebaut, die Erkenntnisse über die Erkrankung und das Verständnis für die Erkrankten verbessert werden,
- frühzeitige Diagnosen und rechtzeitige Interventionen sichergestellt und medizinische Behandlung und pflegerische Versorgung besser aufeinander abgestimmt werden,
- die häusliche Versorgung gestärkt und pflegende Angehörige entlastet sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Betreuung verbessert werden,
- neue Wohnformen (zum Beispiel Haus- und Wohngemeinschaften) nach den besonderen Bedürfnissen Demenzkranker ausgerichtet werden,
- stationäre Pflegeangebote für demenzkranke Menschen bedarfsgerecht ausgebaut und möglichst wohnortnah zur Verfügung gestellt werden,
- der niederschwellige Zugang zu allen Beratungs-, Behandlungs- und Betreuungsangeboten gewährleistet wird,
- bürgerschaftliches Engagement sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich verstärkt in die Betreuung von Menschen mit Demenz einbezogen wird,
- die notwendige Fachlichkeit bei allen Beteiligten durch Aus-, Fort- und Weiterbildung gesichert und eine praxisorientierte Forschung intensiviert wird,
- die Bürgerrechte für Menschen mit Demenz gesichert und der Verbraucherschutz entsprechend ausgebaut wird.
Wichtig ist insbesondere auch der zuletzt genannte Punkt. Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass Menschen mit Demenz als Bürger zweiter Klasse behandelt werden. Um Ausgrenzung und Stigmatisierung zu vermeiden, müssen wir erreichen, dass Menschen mit Demenz auch nicht mit noch so gut gemeinter Absicht leichtfertig bevormundet oder entmündigt werden. Für Menschen mit Demenz muss der Schutz von Bürgerrechten sowie ein Umgang mit Respekt und Toleranz ebenso gewährleistet werden wie eine gute Betreuung und Pflege.
Mit freundlichen Grüßen
Akademie der Künste, Berlin
Prof. Klaus Staeck
Präsident der Akademie der Künste, Berlin
Die Erkrankung von Walter Jens und der offene, für manchen auch überraschend offene, Umgang seiner Frau Inge Jens mit seiner Krankheit hat auch mich nachdenklich gemacht, wie unsere Gesellschaft zukünftig mit der Demenz als verbreiteter Alterskrankheit umgehen sollte.
Wir haben in der Akademie der Künste kürzlich einen Film uraufgeführt, der Walter und Inge Jens als ein geistsprühendes, anregend streitendes Paar zeigt, das sich 2006 vor der Kamera seiner literarischen Arbeit erinnert hat. Dann das Signal der dramatischen Veränderung. Anlässlich einer Aufführung von Mozarts Requiem erkennt der erfahrene Rhetoriker seinen Text nicht mehr. Inge Jens übernimmt seinen Part. Das Mozartsche Lacrimosa begleitet diese beeindruckenden Bilder des Abschieds von der geistigen Welt. Es folgen diskrete Aufnahmen aus jüngster Zeit, die den Ehrenpräsidenten der Akademie der Künste in fürsorglicher Pflege seiner Frau und einer Helferin zeigen. Nur noch Bilder aus dem Fotoalbum der Familie öffnen ihm einige wenige Fenster der Erinnerung.
„Ich muss am Beispiel meines Mannes erkennen, dass der Verlust der geistigen Kräfte allein noch nicht bedeutet, dass ein Leben nicht mehr menschlich, nicht mehr human ist“, las ich in einem Text von Inge Jens.
Welche Herausforderung für unsere Gesellschaft ist in diesem Satz enthalten? Wir müssen uns darauf einstellen, Menschen aus unserer Mitte als Gesprächspartner, als Arbeitskollegen und Freunde zu verlieren, obwohl sie noch Jahre mit uns zusammenleben werden.
Wir werden uns mehr Gedanken darüber machen müssen, wie eine wachsende Zahl Demenzkranker ein Leben in Würde führen kann. Was können Künstler dafür tun? Werden Designer und Architekten Antworten darauf finden, für Demente eine angemessene Wohnumgebung zu gestalten? Können Autoren und Bildende Künstler Geschichten erzählen, die auch jenen Mitmenschen verständlich sind, deren Gedächtnis nur noch rudimentär Erinnerung zulässt? Können Demenzkranke noch Musik hören und empfinden? Werden sich auch Künstler darauf einstellen können, dass ihr Publikum älter wird und Rezeptionsbedingungen sich verändern?
Mit freundlichen Grüßen
Robert Bosch Stiftung
Dr. Almut Satrapa-Schill
Bereichsleiterin des Programmbereichs Gesundheit und Humanitäre Hilfe
der Robert Bosch Stiftung GmbH
Ab den 90er Jahren rückte das Thema „Leben mit Demenz“ vermehrt in den Fokus der Robert Bosch Stiftung. Zunächst durch einzelne Projekte, die von außen herangetragen wurden und die einen dringenden Handlungsbedarf erkennen ließen. Schnell wurde klar, dass sich die Robert Bosch Stiftung hier stärker engagieren sollte. Auch, weil es andere (noch) nicht taten. Später galt unser Engagement der Einberufung einer Initiativwerkstatt „Gemeinsam für ein besseres Leben mit Demenz“, in der zwischen 2004 und 2006 mehr als 70 Experten aus Versorgungspraxis, Wissenschaft und Politik in Facharbeitsgruppen den aktuellen Wissensstand zu den zentralen Fragestellungen im Themenfeld Demenz erarbeiteten. Die Ergebnisse gingen in eine Buchreihe des Huber Verlags ein. Durch die guten Ergebnisse und das große Engagement aller Beteiligten motiviert, konzentrieren wir uns seitdem auf einzelne, vielversprechende Ansätze, die wir für geeignet halten, um die Situation von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen zu verbessern. Diese sind:
Das Aufzeigen und Vorantreiben von guter Praxis - wie beispielsweise durch die Förderung der Arnsberger Lernwerkstadt Demenz, in der eine ganze Stadt das Thema Demenz aufgreift.Aber auch die Förderung von guter Praxis im Kleinen, z.B. im aktuell ausgeschriebenen Förderprogramm „Menschen mit Demenz in der Kommune“. Das Programm wird vom Verein „Aktion Demenz“, der aus der Initiativwerkstatt 2006 hervorging, betreut. Demenz wird hier als gesamtgesellschaftliches Thema aufgegriffen, zivilgesellschaftliche Aktivitäten zur Begleitung und Beteiligung von Menschen mit Demenz werden angestoßen und umgesetzt.
Die bessere Qualifizierung des entsprechenden Fachpersonals - Hier setzt das „Internationale Studien- und Hospitationsprogramm Demenz“ an. Es ermöglicht Angehörigen aller Berufsgruppen, die Menschen mit Demenz begleiten, ihre Kompetenzen durch gezielte Hospitations- und Studienaufenthalte im Ausland zu erweitern. Bisher nutzten rund 30 Personen diese Möglichkeit. Daneben fördern wir das Graduiertenkolleg Demenz an der Universität Heidelberg, in dem ausgewählte Nachwuchswissenschaftler praxisrelevante Fragen der Versorgung interdisziplinär bearbeiten.
Wissen weitergeben – Wir wollen den Wissenstransfer im Themenfeld Demenz verbessern, indem die bestehende Expertise durch praxisnahe Materialien wie Filme oder Materialsammlungen Betroffenen und Angehörigen zugänglich gemacht wird.
Wir werden uns auch in Zukunft dafür engagieren, dass kommunale Netzwerke zum Thema Demenz entstehen und der zivilgesellschaftliche Aspekt der Krankheit immer mehr in den Blick gerät; denn Menschen und Initiativen sind es, die durch ihr stetiges Engagement, ihren großen Einsatz Vorurteile, Ausgrenzung und Stigmatisierung weiter abbauen.
Mit freundlichen Grüßen
Stadt Stuttgart
Dr. Wolfgang Schuster
Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart
In der Landeshauptstadt Stuttgart besteht ein breit gefächertes und differenziertes Hilfeangebot für demenziell erkrankte Menschen, das der Beratung, Begleitung und Unterstützung der Betroffenen und ihrer Angehörigen dient.
Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen benötigen möglichst wohnortnahe und gut erreichbare Hilfen. Ein wohnortnahes Versorgungskonzept für Demenz- kranke sollte aufeinander abgestimmte, differenzierte Hilfeangebote beinhalten, die vernetzt arbeiten. Besonders die Förderung der Vernetzung und Kooperation der vielfältigen Unterstützungsangebote ist mir ein Anliegen, damit der ganzheitli- che Hilfebedarf der Betroffenen und ihrer Angehörigen geleistet werden kann.
Die Veranstaltung „Stimmig! Menschen mit Demenz bringen sich ein“ leistet einen wichtigen Beitrag zur Information und Aufklärung der breiten Öffentlichkeit. In seinem persönlichen Umfeld kann jede(r) früher oder später mit dem Thema „Demenz“ konfrontiert sein. Die Unterstützung und Versorgung demenzkranker Menschen muss Bestandteil des öffentlichen (kommunalen) Diskurses werden, denn Vorurteile und Unverständnis der Öffentlichkeit schaffen für die Betroffenen und ihre Angehörigen ein Klima der sozialen Isolation. Dies hat oftmals zur Folge, dass eine frühzeitige Inanspruchnahme von Hilfen erschwert wird.
Ziel muss sein, Demenzkranken und ihren Angehörigen eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen.
Es ist mir als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, aber auch ganz per- sönlich, ein Anliegen, mit dem „Stuttgarter Generationenvertrag“ für die Kooperation zwischen jungen und alten Menschen zu werben. Dazu halten wir in unserer Stadt ei- ne Fülle von Angeboten vor, die die Familien stärken und ihnen Wege eröffnen, dass alte und kranke, auch demente Menschen, so lange wie möglich im häuslichen Umfeld verbleiben können. Andererseits wollen wir deutlich machen, dass es ein persönlicher Gewinn und eine Bereicherung für das persönliche Leben ist, wenn man sich freiwillig für andere Menschen engagiert. Wir können in unserer Stadt auf viele gute Beispiele verweisen, was die ehrenamtliche Begleitung älterer Menschen angeht.
Die Landeshauptstadt Stuttgart unterstützt dieses Engagement auf vielfältige Weise.
Mit freundlichen Grüßen
Deutschen Alzheimer Gesellschaft
Heike von Lützau-Hohlbein
1. Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V.
Auf der Eröffnungsveranstaltung des Welt-Alzheimerkongresses im Oktober 2006 in Berlin vor drei Jahren sagte Martina P., Anfang 40, Diagnose Alzheimer: „Ich bin doch nicht blöd, ich bin nur vergesslich“.
Der Blick auf die Demenz muss sich ändern. Mit einer Demenz konfrontiert zu sein, heißt nicht, völlig hilflos zu sein. Es heißt, sich erstmal mit der Diagnose auseinanderzusetzen, dann sich auf das zu besinnen, was man kann, was einem Spaß macht, vielleicht - auch mit Unterstützung - herauszufinden, was man noch nie getan hat, aber nun tun möchte. Dazu gehört ein offener Umgang mit allen Beteiligten, Partnern und der Familie. In einer unterstützenden Umgebung ist ein Leben trotz und mit Demenz in Würde möglich.
Früher war das Bild geprägt von schwer hilfs- und pflegebedürftigen Menschen mit Demenz. Durch die sich weiter entwickelnden Methoden der Früherkennung und verschiedenster Therapien haben heute viele Menschen eine lange Zeit nach der Diagnose, die es gilt mit Freude und Lebensqualität zu verbringen.
Hier muss angesetzt werden, auch wenn leider unweigerlich die Hilfs- und Pflegebedürftigkeit im Verlauf der Erkrankung zu nimmt.
Die nun zwanzig Jahre Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft als Selbsthilfeverband der Betroffenen und ihrer Angehörigen und ihren Mitgliedsorganisationen haben dazu bei getragen, dass wir heute in einer Gesellschaft leben, in der immer mehr Betroffene bereit sind, öffentlich ihre Wünsche und Erwartungen zu formulieren. Diesen Weg müssen wir weiter gehen.
Als Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft stehe ich dafür, dass auch in Zukunft die satzungsgemäßen Aufgaben erfüllt werden, Hilfen für alle von der Alzheimerschen Krankheit oder von anderen fortschreitenden Demenzerkrankungen betroffenen Menschen zu entwickeln und zu fördern.
Projekte wie „Alzheimer & you“, „Schulung in einer Kommune“ und die Einbindung des Themas Demenz in die Mehrgenerationenhäuser sind uns ganz wichtig. Auch die Verbreitung und Weiterentwicklung von Angeboten, die sich speziell an Menschen im frühen Krankheitsstadium richten und die möglicherweise allein leben, unter Berücksichtigung ihrer eigenen Wünsche, sind unser Beitrag zur Verbesserung der Lebenssituation für Menschen mit Demenz.
Mit freundlichen Grüßen
Gradmann Stiftung
Herbert Rösch
Geschäftsführender Vorstand der Erich und Liselotte Gradmann Stiftung
Älteren Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen – diesem Ziel fühlt sich die Erich und Liselotte Gradmann-Stiftung verpflichtet. Zahlreiche der von uns geförderten Projekte, so beispielsweise besondere Wohn- und Pflegeeinrichtungen, wenden sich speziell an Menschen mit Demenz. Mit der Förderung der Demenz Support Stuttgart - Zentrum für Informationstransfer, wollen wir dazu beitragen, dass Wissen zum Thema Demenz systematisch gewonnen, aufbereitet und der Praxis sowie der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wird.
Seit vielen Jahren haben wir uns dafür stark gemacht, demenziell veränderte Menschen als Personen, und nicht nur als Kranke und Pflegebedürftige zu betrachten und zu behandeln. Heute gilt es, einen Schritt weiter zu gehen: Menschen mit Demenz sind Bürgerinnen und Bürger unseres Gemeinwesens. Sie haben wie alle Menschen das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe. Dazu zählt auch, sich selbst äußern und einbringen zu können. Dass dies möglich ist, widerspricht dem weit verbreiteten Bild von den hilflosen und abhängigen ‚Demenzkranken’. Eine Veranstaltung wie „Stimmig“ sowie manch andere Aktivität aus letzter Zeit – man denke beispielsweise an Stellungnahmen und öffentliche Äußerungen von Betroffenen in den Medien - wird dazu beitragen, dass sich dieses Bild ändern kann.
Die Erich und Liselotte Gradmann-Stiftung will diesen Prozess auch zukünftig aktiv mit vorantreiben helfen. Die von der Stiftung geförderte Demenz Support Stuttgart wird über die bisherigen Aktivitäten hinaus - wozu neben der Veranstaltung „Stimmig“ auch die Herausgabe eines Buches mit den Stimmen von Menschen mit Demenz und die Zusammenfassung des internationalen Forschungstandes zum Thema zählen - weitere Projekte und Initiativen entwickeln. So sind beispielsweise Forschungsprojekte, Praxisworkshops und Konferenzen zu den Themen „Gesellschaftliche Teilhabe“ und „Menschen mit Demenz in eigener Sache“ geplant. In weiteren Buchprojekten sollen diese Aspekte weiter verfolgt und vertieft werden.
Mit dem Magazin demenz, das vom Geschäftsführer und einem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Demenz Support Stuttgart herausgegeben wird, wird Menschen mit Demenz ein Forum für die Artikulation ihrer Interessen und Forderungen geboten und der Dialog zwischen allen gesellschaftlichen Gruppen gefördert.
Wir laden andere interessierte Gruppen und Personen dazu ein, mit uns gemeinsam zu überlegen, wie ein „demenzfreundliches“ Gemeinwesen geschaffen werden kann, in dem Menschen mit Demenz sich aktiv einbringen und als Teil unserer Gesellschaft erleben können.
Ein demenzfreundliches Gemeinwesen wird ein Gemeinwesen sein, in dem es sich für alle Menschen gut leben lässt.
Mit freundlichen Grüßen